Geschichten aus vergangenen Tagen: Der Tag an dem ich ein Aquarium bauen wollte

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Eigentlich kann ich mir schöneres vorstellen, als mich selber durch den Kakao zu ziehen. Wenn das Fiasko aber Dekaden von Jahren zurück liegt, ist es gar nicht mal so schwer darüber zu schreiben. Obwohl ich sagen muss, ein bisschen wundern muss ich mich schon über meine Hartnäckigkeit und die damalige Blauäugigkeit mit der ich an den Tag ging.

Es war einmal vor langer Zeit, in einer weit weit entfernten Galaxis…

Irgendwann ist das vorhandene Becken einfach zu klein um den großen visionären wünschen seines Besitzers gerecht zu werden. Das ist heute so und war früher auch nicht anders. Dabei ist und war es egal ob man ein 60 oder ein 600 Liter Becken besitzt, früher oder später ist es einfach immer zu klein.

So erging es auch mir damals, mit meinem 80er Becken. Was heisst damals? Damals heisst, dass es Namen wie Oliver Knott oder Jurijs Jutjajevs noch nicht gab. Na gut, gegeben hat es sie schon, aber kein Schwein konnte damit etwas anfangen. Auch das Wort „Aquascaping“ hielt man, wenn überhaupt, für eine moderne Wassersportart und der goldene Schnitt kam höchstens beim tranchieren der Weihnachtsganz zum tragen.

Genau zu dieser Zeit sah mein 112 Liter Standard Becken so aus, wie ein 112 Liter Standard Becken eben aussah. Es war einfach klein und kleine Becken waren damals nicht Schick, sondern einfach nur Mitleid erregend. Hippe Nanoaquarien gab es offiziell noch nicht und wenn, dann wurde das Wort „Nanoaquarium“ höchstens als Beleidigung benutzt.

So saß ich des öfteren traurig und unglücklich vor meiner kleinen Pfütze (also gut, ein bisschen übertreiben tu ich schon), bis, ja bis ich geblendet erleuchtet wurde.

Das musste irgendwann Abends gewesen sein, als mein Blick fort vom 80er Becken in Richtung Eckbank schweifte. Hierbei offenbarte sich mir ein Idee, die sich in mein Gehirn einbrannte wie ein Laserschwert in einen Tauntaun.

„Hinter die Eckbank! Logisch, wo sonst. Da passt ein super großes DoitYourself Aquarium hin. Das stört keinem und kann dabei noch super schön beobachtet werden.“

Gesagt, getan und bevor meine Frau eigentlich genau wusste was los war, saß ich schon mit Maßband und Zettel auf der Eckbank und maß was das Zeug hielt.

Wie auf dem Tisch unschwer zu erkennen, handelt es sich um ein Geburtstagsfoto von der Eckbank. Also nicht die Eckbank hatte Geburtstag, sondern der Tisch wurde wegen einem Geburtstag Artgerecht eingedeckt. Etwas schwerer hingegen sind die Umrisse der Eckbank zu erkennen, das Mobiliar besaß in der Ecke keinen einfachen 90°, sondern zwei 45° Winkel und mittendrin ein kleines Zwischenteil. Da ich auch früher eher selten Fotos von der Decke aus geschossen habe, müsst ihr wohl oder übel mit der unteren Zeichnung zurecht kommen. Von oben sah das ganze aber dann in etwa so aus.

Das kann natürlich bei der Umsetzen zu einem Problem werden, denn so ein Becken habe ich weder gesehen, geschweige denn bei der Erbauung beobachten können. Neben der komischen Bauform, gab es da noch ein praktisches Messproblem. Egal wie man sich die Maße des Aquariums zurechtlegt, bei zwei 45° Winkel muss eine Scheiben immer heraus gemessen werden. Ein errechnen ist hier nicht möglich, zumindest wüsste ich nicht wie.

Das 3D Modell

Mit Millimeterpapier, Bleistift, Geodreieck und einem 1:4 Aufriss, wollte ich nicht anfangen. Aus diesem Grund habe ich mir in stundenlanger und mühseliger Autodidakten Arbeit, dass Minimum an Wissen über „SketchUp Free“ angeeignet.

Das klappte von Zeichnung zu Zeichnung besser und irgendwann war ich super zufrieden mit dem was mir der Bildschirm zeigte. Angezeigt hat mir mein Monitor nicht nur ein Becken in unkonventioneller aber dafür super hübschen Form, sondern auch für ein Erstlingswerk absurden Ausmaß von geschätzten 700 Litern. Dafür wurde vom Programm die fehlenden Maße automatisch eingetragen, was wiederum die eigentliche Strategie hinter meiner digitalen Modellierungsarbeit war.

Ich kann bis heute noch nicht verstehen, warum mich mein inneres Ich nicht aufgehalten hat? Vermutlich war ich von der Zeichnung so überwältigt, dass ich es einfach nicht lassen konnte.

Erster Schritt, ein Schritt zurück

Es gab zwar schon das Internet, aber das was man anfangs des neuen Jahrtausends gefunden hatte, war weit von einer Anleitung für „Großraum-Eigenbau Aquarien“ entfernt. Es gab zwar schon das ein oder andere zu finden, aber meist nur für kleine Aquarien mit simpler Form. Diese wurden meist von Aquarianern als Technikbecken benutzt und waren damit gute 600 Liter von dem entfernt, was ich mir eigentlich vorgestellt habe.

Gelernt habe ich trotzdem einiges. Zum Beispiel das die Höhe eines Beckens entscheidend für den entstehenden Druck ist und das normales Sanitärsilikon eine schlechte Wahl für ein Aquarium darstellt. Viel mehr gab es aber damals nicht zu finden. Irgendwann stieß ich zwar noch auf so einem Typen der in den 90ern ein Rahmenaquarium selber gebaut hatte, aber weder gab es dazu eine Anleitung noch wurde es in irgendeiner For dokumentiert. Es stand halt einfach nur so da. Das mit dem Rahmen ließ mich aber nicht mehr los und so stand für mich fest, dass mein Aquarium auch einen Rahmen bekommen sollte. So wären zumindest alle Fragen in Richtung Sicherheit geklärt.

Ich schweiß mir ein Aquarium

Nach dem SketchUp Plan wurde dann auch der passende Rahmen aus Winkeleisen geschweißt. Glücklicherweise war berufsbedingt das schweißen kein Problem für mich und innerhalb eines Tages stand das Rohgerüst fix und fertig auf dem Tisch…

…und wenig später auch in der Garage zur weiteren Bearbeitung. Weitere Bearbeitung heisst hier, dass die echt Augen beleidigenden Schweißnähte verschliffen und verspachtelt wurden.

Danach konnte es auch schon ans lackieren gehen. Roheisen, so genannter Schwarzstahl, rostet ohne weitere zutun und muss in irgendeiner Form behandelt werden. Ich entschied mich für einen strapazierfähigen schwarzen Lack auf Nitrobasis. Marke verrate ich mal nicht, es gab aber dazu eine super Moped Werbung am Pier.

Nachdem der Rahmen fertig war und die passenden Scheiben dazu bestellt wurden, konnte ich mir um dem Unterbau Gedanken machen. Dieser musste ja relativ hoch sein, um über die Lehne der Eckbank zu ragen. Mir kam da als erstes eine Bauweise mit Gasbetonsteinen in den Sinn, allerdings entschied ich mich zwecks der Optik letztendlich gegen Steine.

Der Unterbau aus Holz

Der Unterbau sollte demnach aus Holz bestehen und in etwa die Farbe der Eckbank besitzen. Da ein 700 Liter Becken mit Sicherheit etwas an Gewicht auf die Waage bringt, musste der Unterbau dementsprechend massiv ausfallen. Meine Wahl fiel daher auf Leimbinder mit einer 10er Kantenlänge.

Diesmal habe ich es mir bei der Umsetzung aber etwas einfacher gemacht. Anstatt mit einem großen Untergestell und unrechten Ecken zu arbeiten (sagt man das so?), entschied ich mich für drei kleinere Gestelle mit einfachen 90° Ecken.

Anschließend wurde nur eine passende Platte aufgeschraubt und mit einer Lasur in der Farbe Palisander bestrichen. Danach wurde das ganze Konstrukt in die Ecke bugsiert, an der sich auch letztendlich das Aquarium befinden soll.

Mittlerweile sind auch die bestellten Scheiben geliefert worden und wurden sogleich mit dem extra bestellten Aquariumsilikon in den Rahmen eingeklebt. Kleine Schraubzwingen und Klemmen hielten die ersten zwei Tage die Scheibe an Ort und Stelle.

Danach konnte auch die Dichtnaht im inneren verzogen werden. Dann hieß es warten, lange warten. Mindestens drei Wochen. In dieser Zeit war ich natürlich nicht untätig! Aus lauter Langeweile habe ich mir aus Styropor, viel Mörtel und etwas Farbe eine Rückwand gebastelt.

Diese kam aber leider nie zum Einsatz, da der Auftrieb durch das viele Styropor echt gewaltig war. Ein Badewannentest lies mich einfach daran zweifeln, dass das Objekt je unter Wasser geblieben wäre.

Nach etwa zwei Wochen und 6 Tage hieß es endlich Wasser marsch! Man war ich aufgeregt, wird es halten oder ist es undicht? Als nach 45 Minuten das Becken halb voll war, wuchs meine Zuversicht. Leider stellte sich diese Zuversicht als Trugschluss heraus. Nach knapp einer Stunde war das Becken zwar schon Dreiviertels voll, aber an einer Stelle bildete sich langsam eine kleine Pfütze. Zu allem Überfluss konnte ich auch noch einen winzigen kleinen Rostfleck zwischen Scheibe und Rahmen erkennen.

Unter einem Bann stehende Ausscheidung!

Naja, man kann sich nach meiner Erkenntnis die ersten Minuten vorstellen. Hätte man mich gehört, man würde vermuten ich hätte einen aus dem Ruder laufenden Tierpark zuhause. Da wurde mein Becken mit allerhand Adjektiven gefolgt von allen möglichen Tieren benannt.

Nachdem ich alle Insassen des Streichelzoos herunter zelebriert und mich somit einigermaßen beruhigt hatte, konnte ich Strategien einer Problemlösung entwickeln. Dazu gab es drei Möglichkeiten! Möglichkeit Eins: Einfach alles hinschmeißen. Möglichkeit Zwei: Becken leeren, trocknen lassen und eine neue Silikonnaht einbringen und die paar kleinen Rostflecken ignorieren. Oder Möglichkeit Drei: Alles zerlegen, Scheiben reinigen, ein neues Gestell aus V2A schweißen, und nochmals von vorne beginnen.

Alles auf Anfang

Da Möglichkeit eins und zwei nicht in Frage kamen, blieb nur noch Möglichkeit drei über. Die Scheiben rausschneiden war dabei das kleinere Problem, wenn auch mühevoll. Das anschließende befreien der Scheiben von den Silikonresten war eine richtige Sauerei.

Hierfür habe ich mich einen ganzen Tag mit Rasierklinge und einem chemischen Silikonentferner aus dem Baumarkt beschäftigt. Anschließend musste das eklige Zeug entfernt werden, mit viel Reinigungsmittel und noch mehr Wasser.

Nachdem diese Sklavenarbeit erledigt war, ging es in der nächsten Woche zurück in die Werkstatt. Fünf Tage habe ich warten müssen, bis die bestellten V2A Winkel geliefert wurden. Danach hieß es endlich Edelstahl schneiden und schweißen.

Bei der nachfolgenden Arbeit blieb alles beim alten. Schleifen, spachteln und anschließend wieder lackieren. Dieses mal aber mit einem spezial Lack, denn Edelstahl kann nicht einfach so lackiert werden. Die Farbe änderte sich auch ein wenig, mattes Anthrazit anstatt glänzendes Schwarz.

Beim ersten mal bauen, kleben und basteln schwappte noch fröhlicher Enthusiasmus mit, beim zweiten mal gleicht es eher einer Tortur. Es macht halt nicht wirklich Spaß am Ende eines Projektes wieder ganz von vorne anzufangen, aber egal. Irgendwie fand ich sogar wieder Muse an Basteleien, so dass ich mich an eine weitere Rückwand wagte. Diesmal wurde die Rückwand aber etwas schmäler und aus dem Werkstoff Styrodur gefertigt. Styrodur hat den Vorteil härter als Styropor zu sein, lässt sich aber dadurch auch schwerer verarbeiten. Am Ende sah dann alles in etwa so aus.

Mittlerweile sind glaub ich 6 Monate seit der ersten Idee vergangen und die Hoffnung war Groß das es diesmal klappen würde. Nach weiteren fünf Wochen Trocknung hieß es dann endlich wieder Wasser marsch. Das Wasser stieg und stieg, bis es oben angekommen war. Nichts zu sehen, keine Pfütze kein Rost, alles bestens. Nichts deutete auf einen Misserfolg hin.

Der Rest ist Geschichte. Ich habe mich echt lange an der Brust meiner Frau ausgeheult, als ich am sechsten Tag eine kleine Pfütze bemerkte. Immerhin erweckte ich ein bisschen Mitgefühl bei meiner Gemahlin und so bekam ich zumindest von ihr ein großes Becken direkt vom Fachmann spendiert.

Das neue Becken war zwar nicht ganz so aufwendig in der Form, dafür genauso Groß und vor allem Dicht. Davon ab habe ich wenigstens den Deckel und die Beleuchtung noch selber bauen können, so als kleines Trostpflaster.

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